Monday, November 27, 2006

 

hersentumor





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QUIVIVE vom 15.11.2006
Hauptthema: Diagnose Hirntumor
Die Diagnose Hirntumor erschüttert das Leben der Betroffenen. Gibt es überhaupt Heilungschancen? Lässt sich der Tumor operieren? Ist die mir angebotene Behandlung die richtige oder soll ich mir eine weitere Meinung einholen? Die Diagnose Hirntumor ist ein Schock. Die Wesensveränderung, die ein Mensch durch den im Kopf wachsenden Tumor zeigt, entfremden ihn zum Teil so sehr von seinen Angehörigen, dass es besonders schwierig ist, den Patienten zu begleiten bei der meist langen und mühevollen Therapie. Und nicht immer ist eine Heilung garantiert. Was sind Hirntumoren? Ein Hirntumor ist eine Gewebswucherung des Gehirns. Meistens entstehen sie aus dem Nervenstützgewebe (Gliome/Astrozytome), der Hypophyse oder es handelt sich um Tochtergeschwulste (Metastasen) aus anderen Organen. Tumoren der Hirnhaut (Meningeom) gehören zwar zu den im Schädel wachsenden Tumoren, zählen aber nicht zu den "eigentlichen" Hirntumoren. Da sie jedoch ab einer gewissen Größe immer auch Hirnstrukturen verdrängen, werden sie genauso behandelt wie Hirntumoren. Es wird zwischen gutartigen und bösartigen Tumoren unterschieden: So genannte gutartige Tumore verdrängen das umgebende Gewebe, wachsen jedoch nicht in dieses hinein. Innerhalb des Schädels können sie jedoch auch zu einem lebensbedrohlich erhöhten Hirndruck führen. Da sie auch lebenswichtige Strukturen verdrängen können, ist der Begriff "gutartig" irreführend und bezieht sich nur auf die Tatsache, dass diese Tumoren nicht in das umliegende Gewebe infiltrieren. Bei vollständiger Entfernung ist auch eine Heilung möglich. Abgesehen von einigen sehr speziellen Ausnahmen metastasieren Hirntumoren nicht. Bösartige Hirntumoren wachsen infiltrierend, das heißt, sie sind nicht scharf vom umliegenden Gewebe getrennt. Nach einer Operation verbleiben einzelne Zellen im Randbereich, die dann wieder zu einem Tumor wachsen. Abhängig von dem Grad der Bösartigkeit - die WHO unterscheidet Grad I bis Grad IV - kann dies schneller oder langsamer geschehen. Ein Beispiel für einen gutartigen Hirntumor ist das Akustikusneurinom, ein bösartiger Tumor ist das Glioblastom. Besonders wichtige Arten von Gehirntumoren sind Gliome. Sie entstehen aus dem Stützgewebe des Gehirns und machen etwa 50 Prozent der primären Hirntumoren aus. Darunter befindet sich mit dem WHO-Grad IV auch das Glioblastom, das mit 50 Prozent auch das häufigste Gliom ist. Die mittlere Überlebensdauer nach der Diagnose ist nur ein Jahr. Meningeome entwickeln sich aus den Zellen der Gehirnhäute. Sie sind meist gutartig und gut behandelbar. Sie machen etwa 20 Prozent aller Geschwülste im Schädelinnern aus, und betreffen überwiegend Erwachsene im mittleren und höheren Lebensalter. Metastasen sind Tochtergeschwülste von Tumoren anderer Organe im Gehirn. Sie machen im höheren Lebensalter 30-40 Prozent aller Gehirntumoren aus. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um eine Streuung von Lungenkrebs oder Brustkrebs. Ursachen Die Auslöser für das Entstehen von Hirntumoren sind bislang unbekannt. Weder Schädel-Hirnverletzungen, noch Handy-Nutzung oder riskante Lebensgewohnheiten (wie Rauchen und Alkohol) konnten mit der Entstehung von Hirntumoren in Verbindung gebracht werden. Genetische Faktoren mögen eine Rolle spielen, konnten aber auch noch nicht näher bestimmt werden. Häufigkeit Hirntumoren können in jedem Lebensalter auftreten. Sie sind aber besonders häufig im Kindesalter und im Alter zwischen 50 und 70 Jahren. Symptome Die Symptome können ganz unterschiedlich sein und hängen entscheidend von der Lage des Tumors im Gehirn ab. Je nachdem, wo der Tumor wächst, treten Symptome recht schnell oder mitunter auch erst nach Jahren auf. Symptome können sein: Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Krampfanfälle (epileptische Anfälle), Sprach- und Sehstörungen, Koordinationsstörungen, Lähmungen, hormonale Störungen, Gefühlsstörungen und auch Wesensveränderungen. Gerade die Wesensveränderungen werden von den Patienten und ihren Angehörigen oft missgedeutet. Diagnostik Mit bildgebenden Verfahren wie CT, MRT und manchmal auch einer PET = Positronen-Emissions-Tomographie lassen sich Hirntumoren gut diagnostizieren. Mithilfe einer Gewebeentnahme, Biopsie, lässt sich Art und Charakter (Bösartigkeit) eines Tumors genauer bestimmen. Behandlung Die Behandlung ruht in der Regel auf drei Säulen: Operation, Bestrahlung und Chemotherapie. Und es wäre noch eine vierte, aber sehr entscheidende wichtige Säule: die psychologische und soziale Betreuung der Patienten und ihrer Angehörigen. Gerade bei den unheilbaren Glioblastomen geht es darum, eine Perspektive für die letzte – befristete – Lebensphase zu finden. Die Patienten brauchen Hilfe. Auch um mit unter Umständen auftretenden Behinderungen zu leben, wie zum Beispiel Lähmungen, Sprach- oder Sehstörungen. Und auch die Angehörigen brauchen in dieser Zeit seelische Unterstützung, denn auch sie müssen sich auf einen Abschied vorbereiten und nicht immer ist der Patient so wie vor der Erkrankung. Der Patient verändert sich mit dieser Krankheit, weil der Tumor im Gehirn wächst. Aber auch weil er damit umgehen muss, dass der Tod naht. Betreuende Ärzte bemerken immer wieder, dass es einen Unterschied macht, wie die Patienten die Diagnose psychisch verarbeiten. Doch trotz dieser Erkenntnis fehlt es oft an Zeit und Ausbildung, um den Patienten angemessen zu begleiten. Dabei wäre das so entscheidend, denn der Lebensmut stärkt das Immunsystem. Patienten, die sich aufgeben, sterben früher. Jeder Patient braucht Unterstützung. Psychologen beobachten verschiedene Phasen während einer Erkrankung, die alle besondere Rücksicht und Begleitung erfordern. Schon oft vor der Diagnosestellung verändern sich die Patienten. Sie merken, dass an ihnen etwas nicht stimmt, wissen aber nicht was. Sie werden launisch, lethargisch oder leiden auch an Ausfällen wie Sprachstörungen oder vorübergehenden Lähmungen. Dann folgt eine Zeit der Arztbesuche, wo nach der Ursache geforscht sind. Zwar gibt es auch einen kurzen Augenblick der Erleichterung, wenn eine Diagnose gefunden ist. Denn vorher leiden Patienten darunter, dass sie nicht wissen, was mit ihnen los ist. Aber dann folgt die Erkenntnis, dass nun ein schwerer Weg vor ihnen liegt mit Operation und Therapien. Manchmal auch Todesangst. Wie die Diagnose aufgenommen wird und wie der Patient und seine Angehörigen damit umgehen, hängt stark davon ab, wie der Patient informiert wird und wie viel Einfühlungsvermögen der übermittelnde Arzt hat. Dieser Bereich der medizinisch-psychologischen Betreuung ist in der Hirntumorbehandlung bislang unterentwickelt. Operation Die Radikalität der Operation ist begrenzt durch das zu erwartende Ergebnis nach der OP. Das heißt, man operiert so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Die Entwicklung moderner Operationstechniken hat dazu geführt, dass heutzutage weitaus risikoärmer am Gehirn operiert werden kann als noch vor 15 oder 20 Jahren. Heute wird fast immer mit einem Operationsmikroskop ein solcher Eingriff durchgeführt. Es besteht die Möglichkeit, auch während der Operation bildgebende Verfahren einzusetzen. Nicht selten werden Patienten in einem wachen Zustand operiert. Das ermöglicht dem Neurochirurgen zu überprüfen, welche Funktionen im Gehirn mit betroffen sind. So können Patient und Chirurg miteinander sprechen und gleichzeitig kann zum Beispiel die Sprachfähigkeit überprüft werden. Ziel ist es, den Tumor möglichst komplett herauszuoperieren, bei gleichzeitiger Schonung des normalen Gewebes und dem maximalen Erhalt von Gehirnfunktionen. Gerade bei Gliomen ist dies aber oft nicht möglich, weil diese Tumoren keine klaren Abgrenzungen zum gesunden Gewebe haben. Eine zumindest relative Verbesserung verspricht hier das neu entwickelte „5-ALA Verfahren“, das nach einer Pilotstudie kurz vor der Zulassung steht. Dabei trinken die Patienten vor der Operation eine Lösung, die 5-Aminolaevulinsäure (5-ALA) enthält. Die Säure färbt das Tumorgewebe rot ein. Unter UV-Licht lässt sich dann im Operationssaal die genauere Ausdehnung des Tumors besser erkennen. Trotz dieser Methode bleibt das Problem, dass die Grenzen zwischen Gliom und gesundem Gewebe weiterhin nicht eindeutig auszumachen sind. Bestrahlung: Die Wirkung der Bestrahlung beruht auf einer Schädigung der schnell wachsenden Tumorzellen durch ionisierende Strahlen bei weitestgehender Schonung des umgebenden gesunden Gewebes. Das wird möglich durch neuartige Hochpräzisionsgeräte, die eine millimetergenaue Bestrahlung des Tumorgewebes ermöglichen. In der Charité Campus Virchow steht eines der modernsten Bestrahlungsgeräte der Welt. Entscheidend ist die exakte Lagerung des Patienten. So ist es zum Beispiel möglich, gutartige Meningeome mithilfe der Strahlentherapie über 10 bis 15 Jahre unter Kontrolle zu halten bei einer Nebenwirkungsrate von unter zwei Prozent. Chemotherapie: Bislang werden vor allem Zytostatika zur Zerstörung der Tumorzellen eingesetzt, aber es gibt auch Versuche, die Angiogenese, die Neubildung der Blutgefäße zur Versorgung des Tumors zu unterbinden. Neue Behandlungsmöglichkeiten: An vielen Fronten wird derzeit weiter nach neuen Behandlungsmöglichkeiten gesucht. Dabei spielt die Gentherapie, wie bei vielen anderen Erkrankungen, auch hier eine Rolle. Die Immuntherapie macht Fortschritte mit der Idee, das eigene Immunsystem so zu manipulieren, dass es die bösartigen Tumorzellen als Feind erkennt und bekämpft. Und auch die Hyperthermie (Überhitzung des Tumorgewebes) wird vereinzelt angewandt, aber ein wirklicher Durchbruch ist bislang bei diesen Therapien noch nicht gelungen. Stand der Information: 15.11.2006




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